„Selbsthilfegruppen leisten unbezahlbare Arbeit“ (von links): die Landtagsabgeordnete Gudrun Brendel-Fischer, ZBFS-Präsident Norbert Kollmer und Josef Greger vom ZBFS bei dem Kontaktgespräch in Bayreuth.
Kontaktgespräch mit dem Zentrum Bayern Familie Soziales
Bayreuth
26.11.2018
In Oberfranken arbeiten die Selbsthilfegruppen überaus engagiert. Während die Anträge auf staatliche Förderung bayernweit rückläufig sind, liegt die Auszahlung im Regierungsbezirk oberfrankenweit bei konstant rund 42000 Euro pro Jahr an die Selbsthilfegruppen.
„Damit entfällt 18 Prozent der Förderung auf Oberfranken, obwohl der Bevölkerungsanteil an Bayern gerade einmal bei acht Prozent liegt“, sagte Josef Greger vom Zentrum Bayern Familie Soziales (ZBFS), das für die Förderung zuständig ist. Das zeige aber auch, dass es in Oberfranken ein reges Engagement in Sachen Selbsthilfe gibt, so Greger bei einem Kontaktgespräch zwischen Ehrenamtlichen mit der Spitze des ZBFS, das auf die Initiative der Landtagsabgeordneten Gudrun Brendel-Fischer zustande gekommen war. In Oberfranken gibt es knapp 100 Selbsthilfegruppen mit zusammen 4600 Mitgliedern. Bayernweit sei von den Selbsthilfegruppen im laufenden Jahr rund eine viertel Million Euro abgerufen worden, sagte Greger. Dabei sei jeder Antrag in voller Höhe bewilligt worden.
Trotzdem haben die Selbsthilfegruppen auch Probleme. So bezeichneten bei der Veranstaltung zahlreiche Redner die bisherige Förderpraxis als überarbeitungsbedürftig, denn das Geld aus der parallel laufenden Förderung durch die Krankenkassen müsse erst aufgebraucht sein, um in den Genuss der Förderung durch das ZBFS zu kommen. Dies sei schon deshalb ungerecht, weil es bei der Krankenkassenförderung keine einheitlichen Regelungen gibt. Vielmehr könne jede Selbsthilfekontaktstelle ihre eigene Sondervereinbarung treffen.
Als weiteres Ärgernis sahen es die Vertreter der Selbsthilfegruppen, dass jede Gruppe pauschal mit 400 Euro pro Jahr bezuschusst wird, egal ob die Gruppe sechs Mitglieder oder 60 Mitglieder hat, egal, was sie leistet und um welche Art an Selbsthilfe es sich handelt. „Dieses Gießkannenprinzip hilft niemand“, sagte ein Sprecher. Die Förderung sei zwar eine freiwillige Leistung des Staates, aber auch die Tätigkeit der Ehrenamtliche geschehe auf freiwilliger Leistung.
Schließlich wurde auch bemängelt, dass die Zuteilung der Förderung meist erst Mitte des Jahres erfolgt. Deshalb müssten die Gruppensprecher im Verlauf des ersten Halbjahres Gelder vorstrecken, damit die Gruppe liquid bleibt. Auch die Antragsstellung selbst sollte vereinfacht werden, um Hürden abzubauen.
Die Bayreuther Landtagsabgeordnete und neue Integrationsbeauftragte der bayerischen Staatsregierung Gudrun Brendel-Fischer würdigte die ehrenamtliche Arbeit der Selbsthilfegruppen. „Das, was sie hier leisten, kann man nicht bezahlen“, sagte sie. Die Förderung könne deshalb letztlich immer nur eine Anerkennung sein. Brendel-Fischer wertete es als Alarmzeichen, wenn aktuell die Begeisterung sinkt, den Vorsitz einer Selbsthilfegruppe zu übernehmen. Sie verwies auf die in den Bundesrat eingebrachte Erhöhung der Ehrenamtspauschale und sprach sich dafür aus, diese der wesentlich höheren Übungsleiterpauschale anzunähern. Damit könnten Ungerechtigkeiten beseitigt werden, zumal viele Tätigkeiten innerhalb der Selbsthilfegruppen Übungsleitern durchaus gleichzustellen seien.
Zuvor hatte ZBFS-Präsident Norbert Kollmer den Gästen seine Behörde vorgestellt. Das Zentrum ist die größte Sozialbehörde Bayerns mit rund 1800 Beschäftigten und einem jährlichen Fördervolumen von aktuell 3,7 Milliarden Euro. Hier gehe es unter anderem um die Feststellung von Schwerbehinderungen, um die Auszahlung von Eltern-, Betreuungs- und Erziehungs- und Blindengeld, sowie um Opferentschädigung und andere soziale Entschädigungen. „Wir haben Kontakt zu jedem siebten Bürger im Freistaat“, sagte Kollmer. Zum ZBFS gehören auch das Bayerische Landesjugendamt, das Inklusionsamt und das Amt für Maßregelvollzug. Hervorgegangen war das Zentrum aus den früher acht eigenständigen Versorgungsämtern, dem Landesversorgungs- und dem Integrationsamt.
Text und Fotos: Stephan Herbert Fuchs
„Selbsthilfegruppen leisten unbezahlbare Arbeit“ (von links): die Landtagsabgeordnete Gudrun Brendel-Fischer, ZBFS-Präsident Norbert Kollmer und Josef Greger vom ZBFS bei dem Kontaktgespräch in Bayreuth.