Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber und die Abgeordnete Gudrun Brendel-Fischer aus Bayreuth.
Volksbegehren und Versöhnungsgesetz: Ministerin Kaniber startete in Oberfranken Reihe der Regionalkonferenzen
Kulmbach
20.05.2019
Das Maß ist längst voll, das Ende der Fahnenstange ist erreicht, die Bauern werden enteignet: Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber musste sich zum Auftakt der bayernweiten Regionalkonferenzen zum Volksbegehren Artenschutz in der Kulmbacher Stadthalle harsche Kritik von Seiten der Bauern anhören.
Nach französischem Vorbild waren viele der Bauern in Gelbwesten angetreten, hatten Transparente dabei und Trillerpfeifen. Die Stimmung war angeheizt und obwohl der neue Kulmbacher Amtschef Michael Schmidt an die Bauern appellierte, sich mit Pfeifkonzerten zurückzuhalten, musste die Ministerin manch persönlichen Angriff hinnehmen.
„Sie können wunderschön reden, aber die Wirklichkeit sieht ganz anders aus“, sagte Landwirt Peter Hofmann aus dem Landkreis Forchheim. Sie sehe es als Armutszeugnis für die Politik, wenn eine Ministerin durchs Land reisen muss, um die Bauern wieder einzufangen, so die Wunsiedler Kreisbäuerin Karin Reichel. Landwirt Hermann Hildner aus dem Landkreis Kulmbach mutmaßte gar, dass zwei Prozent an Bauern geopfert werden, um die Wähler in der Stadt wieder einzufangen.
Viele Redner äußerten aber auch schlicht und einfach ihre tiefen Sorgen und Zukunftsängste. „Mir wird Angst um meinen Berufsstand“, so die Coburger Kreisbäuerin Heidi Bauersachs. Vieler sind einfach nicht mehr bereit, nach ihrer Ausbildung in diesem Beruf zu bleiben, so Wolfgang Schultheiß aus dem Landkreis Coburg. Von einer klaren Enteignung sprach Peter Hofmann: „Von Landwirten erschaffene Biotope werden unter Schutz gestellt, damit sind sie nichts mehr wert.“
Ministerin Kaniber hatte zuvor den Stand der Dinge in Sachen „Volksbegehren und Versöhnungsgesetz“ erläutert und dabei klargestellt, dass die Staatsregierung auf Freiwilligkeit statt auf Ordnungsrecht setze. „Freiwilligkeit ist die zentrale Botschaft für unsere Bauern“, sagte sie. Kaniber sah in dem Volksbegehren auch ein stückweit die Chance, den Menschen den Spiegel vorzuhalten. Nicht zulassen dürfe man es, dass eine gesamte Branche so schlecht geredet werde.
Sie räumte aber auch ganz offen ein, dass man 1,8 Millionen Unterschriften nicht so einfach ignorieren könne. „Uns geht es nicht drum, die Landwirte zu gängeln, doch ohne gesellschaftliche Akzeptanz hat die Landwirtschaft keine Zukunft.“ Sie wisse sehr wohl, dass Kompromisse nie einfach sind, aber die Politik lebe nun einmal davon.
Viele konkrete Beispiele der beabsichtigten Ausgestaltung erläuterte Kaniber den Bauern. Etwa, dass die jeweiligen Bezirksregierungen spezifisch über das Walzverbot von Grünland entscheiden und somit unterschiedliche Walzzeiten ermöglichen sollen. Als machbar bezeichnete die Ministerin eine Reduzierung bei Pflanzenschutzmitteln um 50 Prozent durch moderne Präzisionstechnik. Auch was den Ökolandbau betrifft, soll niemand zu einer Umstellung gezwungen werden. Die Zielvorgabe von 30 Prozent bis zum Jahr 2030, soll vielmehr „am Markt entlang“ geschehen.
Mit einem Appell zum Zusammenhalt innerhalb des Berufsstandes hatte der neue Leiter des Amtes für Landwirtschaft in Kulmbach, Michael Schmidt, den Abend eröffnet. Auch wenn es kein einfacher Abwägungsprozess sei, müsse man jetzt konstruktiv den Dialog suchen.
Text und Fotos: Stephan Herbert Fuchs
Von links: Michael Schmidt vom Amt für Landwirtschaft in Kulmbach, Konrad Schmid vom Landwirtschaftsministerium, Ministerin Michaela Kaniber, Friedrich Meyer vom Ministerium und LfL-Präsident Jakob Opperer.
Sorgen um die Zukunft der oberfränkischen Landwirte äußerte der BBV-Bezirkspräsident Hermann Greif in der vollbesetzten Kulmbacher Stadthalle.